Im ersten Teil unserer Artikelserie zum Geheimnis einer guten Beziehung haben wir in den Punkten eins bis drei das Klima in einer Partnerschaft besprochen. Respekt, eine wertschätzende Kommunikation und Verständnis sind nur einige Aspekte, die in einer stabilen Partnerschaft mit „Für immer“-Potenzial unabdingbar sind. Schauen wir uns in diesem zweiten Artikelteil einmal an, welche Beziehungszutaten es braucht, damit sich beide Partner in einer Partnerschaft dennoch individuell weiterentwickeln können. In Bezug auf die beiden Partner, die eigenständige Personen sind, fragen wir uns also: Worin besteht eine glückliche Beziehung?
Doch zunächst gehen wir noch auf einen wichtigen Zusammenhang ein, der einer guten Partnerschaft im Wege stehen kann, obwohl er aus unserer Vergangenheit kommt.
Exkurs: Unser Denken beeinflusst unsere Sicht auf die Beziehung
Viele von uns haben seit ihrer Kindheit mit Fehlprägungen zu kämpfen aufgrund von einer unsicheren Eltern-Kind-Bindung in einem dysfunktionalen Elternhaus oder aufgrund von Mobbing in der Schule. Diese Fehlprägungen sind bei nicht wenigen im Erwachsenenalter zu negativen Glaubenssätzen geworden. Kurzum: Wir glauben bis heute den emotionalen Schlussfolgerungen, die wir als Kinder und Jugendliche gezogen haben. Ziehen mussten, weil wir die Welt um uns herum begreifen mussten.
Sätze wie: „Ich bin nicht liebenswert“ oder „Ich bin nicht gut genug“ oder „Ich bin schuld“ haben sich bei den meisten von uns tief in die Seele hineingebrannt. Und die Zweifel sind nur allzu gern bereit hervorzukommen, wenn wir uns in einer Partnerschaft und der Nähe zu einer anderen Person verletzlich zeigen. Wie schnell kann ein falsches Wort, ein falscher Blick zu einem großen Missverständnis führen? Einfach nur deshalb, weil wir die Welt bis heute durch die Brille unserer negativen Glaubenssätze sehen und interpretieren. Würden wir innerlich erstarken und wachsen, weil wir uns unserer inneren Glaubenssätze bewusst werden, würde sich die Welt um uns herum – und damit der Blick auf unsere Partnerschaft – sicherlich deutlich erhellen.
Beobachte, erkenne, aber verdränge nicht
Es muss genau geprüft werden, inwiefern der Blick auf deine Partnerschaft durch eine angelernte negative Sichtweise eingefärbt ist. Oder ob dich deine Wahrnehmung nicht trügt und deine Partnerschaft tatsächlich toxisch ist. In dem Falle käme ein Schuldzuschieben auf deine inneren Glaubenssätze einer Verdrängung der gegebenen Umstände gleich. Prüfe also sorgfältig, woran etwaige Unstimmigkeiten in der Partnerschaft liegen können. Bespreche es mit Freunden oder einem Therapeuten. Und – last, but not least – unterschätze dein Bauchgefühl nicht.
Außerdem: Geht man in einer sozialen Interaktion wie in einer (toxischen) Partnerschaft offen mit seinen eigenen Schwächen um, besteht die Gefahr, dass dein Gegenüber die Schwächen gegen dich verwendet. Beispielsweise könnte dir eingeredet werden, dass die bestehende Problematik vor allem mit dir zu tun hat, weil deine Wahrnehmung aus der Kindheit verzerrt ist. Oder deine Schuldgefühle aus der Kindheit werden unterfüttert, weil der Partner ständig dir die Schuld zuschiebt. Deshalb: Vertraue stets mehr deinem selbstreflektierten Selbst als blind einem anderen.
Eine glückliche Beziehung besteht in der Persönlichkeitsentfaltung
Indem du deine inneren Komplexe, Ängste etc. erkennst und aufarbeitest, tust du nicht nur dir einen Gefallen, sondern auch deiner Partnerschaft. Jeder Psychologe wird dir bestätigen, dass eine gute Selbstabgrenzung, Selbstentwicklung und Selbstfürsorge elementare Bestandteile für eine glückliche Beziehung sind, die das Potenzial hat, ein Leben lang zu halten. Eine glückliche Beziehung besteht zum einen darin, dass sich jeder der Partner frei entfalten kann und seinen Vorstellungen vom Leben so gut wie möglich folgen kann. Darüber hinaus besteht eine glückliche Beziehung auch darin, einander „wirklich zu sehen“. Wie das gemeint ist, erklären Punkt vier und fünf unserer Geheimzutaten für eine gute Partnerschaft.
4. Selbstentwicklung in der Partnerschaft
Nimmt einer der Partner sich immer mehr zurück als der andere, wird die Beziehung über kurz oder lang in einem Desaster enden. Meist sind es die Frauen, die aus ihrer sozialen Rollennormung heraus gelernt haben, ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu Gunsten der Partnerschaft hintenanzustellen. Nicht umsonst werden die meisten Scheidungen von den Frauen eingereicht, oft eben deshalb, weil sie sich endlich um ihr eigenes Leben kümmern wollen. Irgendwann reicht es eben und die Selbstliebe gewinnt. Deshalb ist es wichtig, im Interesse einer stabilen, lange andauernden Beziehung, die eigene Persönlichkeitsentfaltung nicht aus dem Fokus zu verlieren. Wer bist du? Was wünschst du und erhoffst du dir vom Leben? Fällt es dir schwer, dich selbst, deine Ziele und dein Wohlergehen im Blick zu behalten, können zwei Fragen womöglich hilfreich sein:
- Was würdest du tun, wenn du alle Möglichkeiten und keine Ängste oder Selbstzweifel hättest?
- Wie würdest du auf dein jetziges Leben zurückblicken, wenn du im Alter auf dem Sterbebett liegen würdest?
Bestmögliche Chance auf die Umsetzung der Lebensziele
Ergo: Eine glückliche Beziehung besteht in der individuellen Chance auf eine größtmögliche Selbstentfaltung. Diese Selbstentfaltung endet nicht, wenn man eine Familie gründet. Beide Partner haben sich zu diesem Schritt entschlossen und beide müssen/sollten dieser Verantwortung gerecht werden. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nach wie vor ein Balanceakt in unserer Gesellschaft, der überwiegend immer noch an den Frauen hängenbleibt. Und das Problem liegt nicht darin, dass viele Frauen sich dazu entschließen, mehrere Jahre für die Erziehung ihrer Kinder zu sorgen. Das Problem liegt darin, dass das Muttersein gesellschaftlich keine ausreichend monetäre Anerkennung erhält. Deshalb müssen beide Partner auch langfristig als Team agieren, zeitlich, monetär und verantwortungsvoll. Wenn Frauen sich demgegenüber dazu entschließen, nach der Geburt rasch wieder arbeiten zu wollen, müssen beide Partner ebenfalls als Team agieren.
Deshalb ist es wichtig, in der Partnerschaft einander zu unterstützen. Wer geht wann und wie arbeiten, damit ein Aufwachsen der Kinder in einer fürsorglichen Familie mit ausreichend gemeinsamer Zeit möglich ist? Nicht nur der Mann, sondern auch die Frau sollte als eigenständige Person gesehen und zu schätzen gewusst werden, was uns zu unserem nächsten Punkt bringt.
5. Die Persönlichkeit des anderen schätzen
Wir können es gar nicht oft genug betonen: Man muss das Schätzchen schätzen. Und zwar nicht für das, was der andere ist (Status etc.), sondern WER er ist. Jeder Mensch möchte gesehen und geachtet werden. Zeigt, dass ihr euch „seht“ mit all euren Besonderheiten, Stärken, Schwächen, Emotionen. Nehmt euch in einem Gespräch Zeit füreinander und besprecht: Warum schätzt ihr einander? Welche Eigenschaften und Fähigkeiten und „Unarten“ machen den anderen liebenswert?
Ist der eine Partner gerade nicht in der Lage – etwa, weil er ein emotionales Tief oder einen herben Rückschlag im Leben erlitten hat –, sich selbst als positiv und wertvoll zu sehen, sollte der andere Partner das zwingend übernehmen. Füreinander da sein, die Emotionen des anderen aushalten, trösten, Positives betonen, Mut zu sprechen, die Wahrnehmung gerade rücken und hoffnungsfroh realistisch sein. Ein gutes Team sein. Das ist es eben auch, worin eine glückliche Partnerschaft besteht.
Bestmögliche Chance auf die beste Version von sich
Es gilt in guten wie in schlechten Zeiten, die Selbstentwicklung des anderen zu stärken und nicht zu unterminieren. In einer gesunden Beziehung kann jeder die beste Version von sich selbst sein, wenn beide gut zueinander sind. Nur so ist eine Beziehung stärkend, und nicht schwächend.
Und wie wichtig ist Sex für eine Beziehung?
Auch zum Abschluss der Artikelreihe wollen wir noch einmal auf die Sexualität Bezug nehmen, da sie viel zu oft viel zu wenig bei Themen wie diesen besprochen wird. Die Gefühle füreinander und, ja, auch die Sexualität sind wichtig für eine harmonische Partnerschaft. Das altbekannte Stereotyp, dass Frauen weniger Sex wollen, scheint mittlerweile überholt zu sein. Studienumfragen zeigen, dass Frauen bezüglich ihrer sexuellen Lust etwa gleichauf mit ihrem Partner sind. Allerdings wollen offenbar im Laufe einer Beziehung immer mehr Frauen immer weniger mit ihren eigenen Partnern schlafen. Woran liegt das? Sicherlich liegt es auch an dem vielen Stress im Alltag und der wenigen Erholung, weshalb einen immer seltener der Sinn nach Sinnlichkeit steht. Aber: Wir vermuten darüber hinaus, dass sich eine – Achtung, Wortspiel – befriedigende Sexualität in der Partnerschaft durchaus auch längerfristig einstellen könnte, wenn die fünf Dinge, die eine Beziehung ausmachen, erfüllt sind.
Fazit: Wie steht es um deine Partnerschaft?
Treffen die Dinge, die eine Beziehung ausmachen, auf deine Partnerschaft zu? Glückwunsch! Habe stets einen wachen Blick darauf, dass es so bleibt. Viel zu oft verlieren wir aus den Augen, was gut läuft. Wir erachten es als selbstverständlich. Doch wir sollten dankbar bleiben für die Bereicherung und Stärkung, die uns eine gesunde Beziehung schenkt.
Solltest du dagegen zweifeln in Bezug auf deine Beziehung, weil die Dinge, aus denen eine glückliche Beziehung besteht, nicht auf euch zutreffen, könnt ihr daran arbeiten. Eine Zeit lang wenigstens. Wichtig ist, dass du ehrlich mit dir und euch bist und die Problematik erkennst. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Änderung. Worin eine glückliche Beziehung besteht, ist immer auch ein individuelles Abwägen, manchmal auch ein Abwarten, bis die Zeit reif ist. Aber: Ehrlichkeit und Authentizität sind zu aller Zeit erforderlich. Mit Verdrängung ist nämlich niemandem geholfen. Manchmal schmerzt es mehr, in einer Partnerschaft zu verbleiben, als einen Menschen loszulassen. Alles Gute für Dich!