Erste Hilfe ist wichtig …

Der Yogaatem ist eigentlich ganz einfach. © Andrew Watson under cc

Wenn man merkt, dass die Spannung unerträglich wird, haben sich Notfallkoffer bewährt, die Borderline Patienten benutzen. Beispiele für den Inhalt des Koffers findet man in der Borderline-Plattform und hier wird seine Anwendung erklärt.

Die extremen sensorischen Reize, denen man sich mit den Zutaten des Koffer in Eigenregie aussetzen kann, bringen einen im Fall von immer weiter eskalierender Anspannung wieder auf den Teppich. Wenn Borderliner sich ritzen, machen sie Ähnliches in Eigenregie, der Schmerz ist dazu da, sich wieder zu spüren, der bekannte schmerzhafte Reiz ist besser, als von innen und außen überspült zu werden.

Der Körper ist nur ein Aspekt des Gesamtgeschehens, aber über ihn bekommen man häufig Zugang zur Psyche, ihn kann man reizen und irgendwann auch wider beruhigen. Der psychosomatische Zusammenhang, eine Wirkung, die in beide Richtungen geht. Um bei eskalierten Formen weiter zu kommen, kann man auch mit angstlösenden Medikamenten helfen, die heute viel zielgerichteter und vorsichtiger eingesetzt werden. Man kann sie gut als Krücke nehmen. Wenn man weiß, dass man etwas bei sich hat, was im äußersten Fall hilft, erlebt man die Situation oft als weitaus weniger angstauslösend oder überfordernd.

Auch kann man verschiedene Methoden kombinieren. Medikamente, den Notfallkoffer, Entspannungstechniken, die man erlernen kann, bestimmte Rituale, die man einübt und der erste Schritt ist zunächst den Notfall zu überstehen. Alles Krücken, die man später vielleicht wegwerfen kann, die aber für eine Zeit unerlässlich sein können.

Es gibt inzwischen immer mehr Methoden, die gut funktionieren und die Menschen, die dauernde Anspannung und Hochspannung kennen, probieren können. Die eine ist die
5,4,3,2,1 Methode, die darin besteht, dass man sich in einer Stresssituation 5 Dinge in seiner direkten Umgebung für einen kurzen Moment, aber dennoch genau anschaut. Was man sich anschaut, ist völlig egal. Danach versucht man 4 Dinge in seiner direkten Umgebung zu fühlen. Den Druck des Sitzes, die Kleidung auf der Haut, wie das Bein steht oder was es auch sei. Danach versucht man 3 Dinge zu hören. Was höre ich genau jetzt gerade an unterschiedlichen Geräuschen in meiner direkten Umgebung? Schließlich geht es darum 2 Dinge zu riechen, irgendein Hauch in der Umgebung, der gerade die Nase erreicht und dann noch 1 Ding zu schmecken und wenn es der Geschmack im eigenen Mund ist.

Die andere Methode, die gut funktioniert, ist altbekannt und besteht einfach darin, auf den eigenen Atem zu achten und besonders den Ausatem zu betonen, so dass man etwas länger ausatmet, als einatmet. Erstens kann man dadurch nicht hyperventilieren, doch noch ein anderer Effekt ist in beiden Fällen ähnlich, das Gehirn kann nicht mehrere Reize gleichzeitig verarbeiten vor allem dann nicht, wenn man sich auf einen bestimmten Sinn konzentriert und sei es nur für kurze Zeit.

Hochspannung ist das Gefühl, dass alles zu viel ist, man keine Chance hat, sich gegen die Eindrücke zu wehren, die von überall völlig diffus auf einen einprasseln. Die erwähnten Methoden sind schon der Schutz, den man braucht, weil sie bestimmte Reize aktiv herausgreifen und durch eine ganz kurze Konzentration strukturieren.

… aber langfristige noch viel wichtiger. Die Mittelstrecke

Der Atem ist nicht nur für die erste Hilfe geeignet, durch ihn kann man viele Spannungen regulieren. Das geht nicht von jetzt auf gleich, erfordert auch Arbeit und Konzentration, aber wenn man unter dauernder Hochspannung steht und es gelegentliche Entladungen in Form von Panikattacken gibt, die die Situation allerdings nicht besser, sondern schlechter machen – man wird immer verunsicherter – dann lohnt sich die Mühe.

Doch auch die 5,4,3,2,1-Methode kann man zeitlich ausdehnen und auch in guten Zeiten immer wieder üben, sich auf einzelne Reize zu konzentrieren. Die stetige Übung verändert das Gehirn und das Bewusstsein. Zudem sollte man so üben, dass man immer und immer wieder Erfolgserlebnisse hat, das heißt, sich nicht zu unterfordern, denn dann kann man nicht stolz auf sich sein und sich nicht zu überfordern, dann ist man noch frustrierter und verunsicherter.

Ein recht gesunder Weg Spannungen abzubauen ist Sport. Sport trainiert den Körper, man wird widerstandsfähiger, lernt aber auch seine Grenzen kennen, das heißt sich realistisch einzuordnen und wenn man besser werden will und Spaß gefunden hat, braucht man überdies Disziplin. All das kann man gebrauchen, um sich selbst besser kennen zu lernen.

Sex ist eine weitere Methode um Spannungen abzubauen und sich gut zu fühlen, wenn Sexualität nicht traumatisch besetzt ist. Durch Yoga lernt man den Körper, den Atem und die Psyche kennen. Alles Möglichkeiten, die man in Anspruch nehmen kann, vor allem, wenn man eine gewisse Neigung spürt und Spaß daran hat.

Das Ziel ist nicht nur Notfälle zu überstehen, sondern immer mehr zu verstehen, wann man angespannt ist und wie man diese Situationen erkennen und regulieren kann, also das Level der Anspannung insgesamt zu senken.