Stereotype basieren auf Einstellungen, die jeder von uns zu Objekten, Personen und Gruppen hat. Diese können positiv oder negativ sein. Sie können sehr grundlegend ausfallen, dass man Erdbeereis lieber mag als Vanilleeis, oder tief in einer Kultur verwurzelt sein, zum Beispiel, dass alle Deutschen immer pünktlich und nicht sehr lustig sind, auch wenn bestimmt jeder von uns ein Gegenbeispiel kennt.
Auch wenn wir es manchmal nicht zugeben wollen, haben wir alle bestimmte Einstellungen, die unseren Alltag bestimmen und die wir mit anderen Menschen teilen. Wir haben in der Vergangenheit und in der Gegenwart immer wieder damit zu kämpfen, dass die Abwertung von Personen schnell zu Unbehagen und einer Kluft in der Gesellschaft führen kann. Seit vielen Jahrzehnten versuchen wir uns vor Stereotypen, Vorurteilen und Diskriminierung zu befreien und obwohl uns allen bewusst ist, dass es meistens moralisch nicht das richtige zu sein scheint, Gruppen von Personen in eine Schublade zu stecken, machen wir es dennoch immer wieder. Warum verwenden wir also immer wieder Stereotype?
Wie hängen unsere Einstellungen und unser Verhalten zusammen?
Nach dem Komponentenmodell nach Rosenberg und Hovland (1960) bestehen alle Einstellungen aus einer kognitiven Komponente, also wie wir ein Objekt gedanklich verarbeiten, einer affektiven Komponente, wie wir uns dazu fühlen und einer behavioralen Komponente, wie wir uns dazu verhalten. Nach diesem Modell kann ich Salat für gesund halten, bewerte ihn deswegen positiver und kaufe mir dann beim nächsten Mal, wenn ich einkaufen gehe, jenen Salat. Dies beschreibt, dass wir gerne in Kategorien denken, aus denen sich dann unser Verhalten dazu entwickelt.
Wir stereotypisieren nicht immer bewusst
Fiske (1998) beschrieb hierzu die sogenannten „natural kinds„. Diese beschreiben drei verschiedene Aspekte, nach denen wir Personen innerhalb von Sekunden beurteilen, um uns ein bestimmtes Bild zu schaffen und neue Personen direkt einzuteilen. Diese Aspekte sind Alter, Geschlecht und Ethnizität. Auch wenn wir noch nicht wissen, wie der spezifische ethnische Hintergrund des Gegenübers ist, oder an welchem Tag er geboren ist, können wir trotzdem grobe Kategorien schaffen, in die wir sie einordnen (z.B. alt oder jung). Dies dient der Organisation und schnelleren Anpassung an neue Situationen und Personen.
Dies zeigt auch, dass jeder von uns nicht unbedingt bewusst darüber nachdenkt, wie er jemanden findet, oder welche Ereignisse uns verbinden, sondern dass man ohne eine direkte Interaktion Meinungen über alles und jeden bilden kann.
Was sind genaue Gründe dafür, warum wir diese Einstellungen und Stereotype so gerne verwenden?
Aufrechterhaltung des Selbstwerts
Ein wichtiger Grund, warum wir stereotypisieren ist, dass wir damit unseren eigenen Selbstwert erhöhen. Dies geht am leichtesten, in dem wir andere Personen oder Gruppen abwerten. Natürlich passiert dies oft nicht böswillig, aber häufig fühlen wir uns besser, wenn wir eine Fernsehsendung sehen, in der ein korpulenter Amerikaner einen Burger nach dem anderen isst, oder lachen darüber, wenn der Stand-Up-Comedian über die Probleme mit den Frauen witzelt.
Der Selbstwert spielt für uns alle eine mehr oder weniger wichtige Rolle, wodurch wir oft Sachen tun, auf die wir nicht sehr stolz sind, um uns aufzuwerten. Jeder möchte glücklich sein und sich gut fühlen, weswegen es ein Anliegen ist, den Selbstwert möglich hoch zu halten. Wir Menschen streben sogar danach, uns positiver zu sehen und unsere Schwächen auszublenden, damit wir uns besser fühlen und Motivation haben immer höhere Ziele anzustreben.
Stereotype werden oft bestätigt
Das soll nicht heißen, dass alle Stereotype oder Klischees, die wir jemals gehört haben, stimmen, sondern, dass wir nur aufgrund der Annahme, dass sie stimmen könnten, unser Verhalten verändern können. Aus unseren Kategorisierungen und unserem Schubladen-Denken kann somit ein kleiner Teufelskreis entstehen.
Wenn wir davon ausgehen, dass alle Personen, die in Berlin wohnen, unfreundliche und zugeknöpfte Menschen sind, werden wir uns Ihnen gegenüber auch so verhalten. Der Berliner bekommt dies mit und wird uns dadurch schnippisch antworten, oder kein Interesse daran haben mit uns zu reden. Das Stereotyp bestätigt sich und hat sich noch weiter gefestigt, ohne, dass es stimmen muss.
Außerdem suchen wir uns auch lieber die Informationen heraus, die zu dem passen, was wir denken. Somit werde ich eher Artikel darüber anklicken, die bestätigen, dass die meisten Frauen nicht einparken können, als mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen.
Stereotype machen die Welt einfacher
Einstellungen helfen uns, dass wir uns in fremden Situationen schneller zurechtfinden und nicht bei jeder neuen Person herausfinden müssen, wie wir uns ihr gegenüber verhalten. Stereotype können uns dazu dienen, die Welt besser zu verstehen und bietet Erklärungsansätze, warum sich verschiedene Gruppen von Menschen so verhalten, wie sie es tun. Dies gibt uns nicht nur ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit, sondern hilft uns auch Informationen schneller und strukturierter zu verarbeiten.
Stereotype dienen also als Mechanismus zur Organisation von Reizen. Dadurch kann es auch dazu führen, dass Klischees sich sehr stark in einer Kultur verankern und nur schwer neutralisiert werden können. Wir kommen in der Regel nicht von selbst darauf, wie wir zu einem Geschlecht, einer Ethnizität, oder einer bestimmten Altersgruppe denken, sondern bekommen dies von unseren Eltern und unserem Umfeld vermittelt. Gerade auch durch die Medien ist es immer leichter, große Gruppen von Menschen anzusprechen und weitläufig Werte und Meinungen zu vermitteln. Dies kann dann auch dazu führen, dass ganze Gruppen von Personen in ein negatives Bild gerückt werden und sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen.
Komplexes Problem, individuelle Lösung
Es gibt also viele Prozesse, die dafür sorgen, dass die bekannten Klischees weiterhin aufrechterhalten werden. Es ist nicht nur eine Frage, wie gerne man neutral bleiben und der Welt mit Offenheit begegnen möchte, sondern auch inwiefern dies möglich ist. Stereotype gibt es in jeder Kultur und jeder Person und sie werden immer weitergegeben. Es ist also eventuell an der Zeit, die Stereotypisierung im großen Kontext anzugehen und eventuell auch die Vorteile der Kategorisierung zu betrachten.
Zum Problem wird dies, wenn es zur Diskriminierung führt und ausgrenzendes Verhalten zur Folge hat. Jeder kann für sich immer wieder im Moment pausieren und darüber nachdenken, warum man sich gerade so verhalten hat. Wenn wir uns für das Thema sensibilisieren, können wir uns die Stereotype immer mehr ins Bewusstsein rücken und vielleicht auch so handeln, wie es nicht von uns erwartet wird.