Ein bisschen geht es bei der Liebe zu wie auf einem Basar. Natürlich wird heutzutage nicht mehr um die Braut gefeilscht – zumindest nicht in unserer Kultur. Aber so ein bisschen ökonomisiert wird die Liebe schon. Zwar arrangiert nicht mehr das Familienoberhaupt die Ehe, aber beim Besuch von Dating-Plattformen zeigt sich: Der Markt reguliert sich inzwischen selbst. Und ja, es herrscht Angebot und Nachfrage. Was wollen Singles eigentlich? Welche Werte haben sie und unterscheiden sich diese von Verheirateten? Doch zunächst ein virtueller Gang durch den Dating-Markt.

Provokant gefragt: Wieviel ist ein Single wert?

Liebe Heranwachsende! Vor langer, langer Zeit war es einmal so, dass man in einen Club, ein Café, ein Lokal oder eine Cocktail-Bar ging, dort den Blick eines anderen wie zufällig erhaschte und – so man Gefallen an dem anderen fand – mit diesem sprach. Nach und nach wurden persönliche Informationen preisgegeben über den Beruf, wie man seinen Alltag so gestaltet, ob man Sport liebt oder reisen oder ähnliches. Man nennt das manchmal Smalltalk oder ganz einfach: Kennenlernen.

Heute findet man die wesentlichen Informationen über eine Person auf einer digitalen Registerkarte. Bist du Veganer, Omnivore, Ovo-Lacto-Vegetarier oder doch eher Flexiganer? Bist du Minimalist oder liebst du Besitz? Glaubst du an die partnerschaftliche Treue oder steht bereits bei »Beschreibe dich in drei Stichpunkten« direkt unter deinem Namen: polyamor?

Mensch sein geht bestimmt immer noch

Kunst homosexuell hell dunkel Herz

Ob online oder im realen Leben: Die Augenhöhe darf niemals verloren gehen © Raphael Perez Israeli Artist under cc

Keine Frage, dem schnellen Abgrasen, ob man miteinander matcht, wohnt ein gewisser Pragmatismus inne. Die Zeit rast, die biologische Uhr tickt – wir werden ja alle nicht jünger. Wer nicht passt, wird weggewischt – Tinder-Jargon. Man sucht nicht mehr »den einzig Richtigen« sondern »das Optimale«. Keine Magie des Augenblicks mehr. Keine Liebe auf den ersten Blick. Oder vielleicht doch? Sind es womöglich nur digitale Bits and Bytes, die gleich einem magischen Sternenzauber auf uns herabrieseln, wenn uns »ein Profil« interessiert?

Was Singles wollen: ein Geschlechterunterschied?

Während den Frauen im Allgemeinen die biologische Uhr unter Umständen einen gehörigen Strich durch die Rechnung macht und sie sich digital und analog auf der unermüdlichen Suche nach einem Mann befinden, mit dem man ernsthaft eine Familie gründen kann, bietet sich für so manche Single-Männer ein buntes Potpourri der Einsamkeiten auf den Datingseiten, welches sie für sich zu nutzen wissen. Selbstverständlich sind dies nur unrühmliche Ausnahmen. Denn es gibt sie da draußen, die emanzipierten männlichen Perlen, die Frauen respektieren und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Die die Gabe der Frau, Kinder zu gebären, nicht als »Pech für sie« sondern als Geschenk annehmen. Was wäre zum Beispiel, wenn Frauen flächendeckend von Jetzt auf Gleich nicht mehr der Walt-Disney-Prinzen-Backmischung hinterherrennen, stattdessen den Backofen unten »zu« lassen und sich um die Umsetzung ihrer ganz eigenen individuellen Wünsche und Pläne kümmern würden? Welche Konsequenzen hätte das für eine Gesellschaft?
Anders ausdrücken lässt es sich mit einem Zitat aus »Sex and the City«:

Ich rede von der Singlefrau. Es gibt keine Grußkarten mit der Botschaft: »Glückwunsch, dass du nicht den falschen Kerl geheiratet hast.«

Des Singles Werte

Lassen wir das mal einfach so stehen. Und kümmern uns ganz allgemein um die Werte eines Singles in Bezug auf sein Leben, außerhalb von Heiraten & Co. Eine Studie der Psychologin Bella DePaulo brachte Überraschendes zutage. DePaulo befragte Langzeit-Singles und verheiratete Probanden im gleichen Alter bezüglich ihrer Werte im Leben. Wie sich zeigte, gingen die Singles einem für sie selbst inhaltsvollerem Job nach, mit welchem sie sich identifizieren konnten und mit dem sie zufriedener waren. Leute, die verheiratet waren, bevorzugten dagegen eher einen Job, welcher ein gutes Gehalt, beste Aufstiegschancen liefert – quasi mehr auf Sicherheit bezogen war.
Auch in der Retrospektive zeigte sich, dass Singles sich weiterhin an einer eher intrinsischen Belohnung durch den Job orientierten – sozusagen die ideele Wertigkeit des Jobs in den Vordergrund stellten. Für Verheiratete blieb nach wie vor die extrinsische Belohnung, der gut bezahlte Job, im Vordergrund.

Ferner, so DePaulo, heiraten die Menschen heutzutage generell später, zum einen, weil sie ihrer inneren Reifung und Selbstverwirklichung Zeit geben wollen, zum anderen weil es in Zeiten der Globalisierung schwieriger ist, ökonomische Sicherheit zu bekommen.

Singles und Zusammensein

Respect Diversity Schrift Mauer pink

Was Singles wollen, ist, was Menschen wollen © Davide Taviani under cc

Darüber hinaus scheinen Singles entgegen landläufiger Vorurteile durchaus ein sehr integratives Leben zu leben, mit großer Wertigkeit von Freundschaften, Nachbarschaftshilfe, familiärer Unterstützung etc.
Freiwilligenarbeit, Wohltätigkeit und Karitatives sind starke Bezüge im Leben eines Singles, für welche sie viel Zeit bei der Umsetzung einräumen, wie Studien zeigen. Auf ihre Art, so lässt sich resümieren, sind Singles ganz und gar ein Zugewinn für die Gesellschaft.

Das Leben als Reifung

In einem Podcast spricht DePaulo außerdem über eine Studie, welche zum Ergebnis hatte, dass Singles gegenüber Verheirateten experimentierfreudiger seien und mehr ihr persönliches Wachstum, ihre Reifeentwicklung, ergründen würden. Umfrage-Items wie: »Leben ist ein kontinuierlicher Prozess von Lernen, Wandel und Wachstum«, stimmten Singles signifikant häufiger zu. Wohingegen Verheiratete eher Items bejahten wie: »Ich habe vor langer Zeit aufgehört, Verbesserungen in meinem Leben vorzunehmen.« Auch jener Umstand ist zu achten, zu verstehen und wertzuschätzen. Sich um eine Familie zu kümmern, erfordert viel Zeit, die Erbringung von persönlichen Opfern – und der Nutzen von Müttern und Vätern für die Gesellschaft braucht wohl nicht extra herausgestellt werden.

Wie es scheint, können sowohl Verheiratete als auch Singles hinsichtlich ihrer Lebensformen voneinander lernen. Was Singles wollen, was Verheiratete wollen, ist im Grunde überraschend einfach und letztendlich gar nicht so verschieden: Zufriedenheit und Akzeptanz. Vielleicht mehr Selbstzentrierung: aber in gesund! Vielleicht auch mehr Fürsorge: aber in gesund! Alles in Maßen, denn bei jeglichen Werten (von Singles oder Verheirateten) sind Extreme nie gut.