Gaslighting ist ein Phänomen, das in Beziehungen auftreten kann. Zumeist sind Frauen von dieser perfiden Art der psychischen Manipulation betroffen. Und es geschieht häufiger, als man denkt, denn die meisten Betroffenen bemerken nicht einmal, dass ihnen dieser subtile Missbrauch widerfährt. Wir haben fünf Warnsignale zusammengetragen, die dafür sprechen, dass dein Partner dich manipuliert.
Gaslighting: die Definition
Angelehnt an den Film »Das Haus der Lady Alquist« (englischer Originaltitel: »Gaslight«, basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück) aus dem Jahre 1944 ist dieses Phänomen schon lange in der psychologischen Fachwelt bekannt. Im Film suggeriert ein Ehemann seiner Ehefrau psychisch gestört zu sein, indem er ihre Wahrnehmung trügt. Er gibt vor, Dinge nicht zu sehen, die sie jedoch wahrnimmt, unter anderem eine flackernde Gaslaterne.
Beim Gaslighting wird die Souveränität eines Menschen derart untergraben, dass er seiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr trauen kann und der Selbstwert geschwächt ist. Dies kann unter Umständen soweit gehen, dass der Betroffene glaubt, psychisch gestört zu sein.
Ein Machtspiel, das nicht jedem bewusst ist
Die Manipulation läuft unterschwellig ab. Oftmals auch für beide: dem Gaslighter und seinem Opfer. Einerseits erfolgt die Destabilisierung des Partners durch verschiedene Mechanismen des Manipulators. Demgegenüber stehen umschmeichelnde, positive Erfahrungen, mit denen der Gaslighter dafür sorgt, dass der Partner sich gut fühlt. Ein Wechselspiel, welches dazu dient, Macht und Kontrolle über den anderen zu erlangen.
Die Verhaltensweisen des »Angreifers« sind auf einem Kontinuum anzusiedeln. In vielen Beziehungen wird die Manipulation durch den Gaslighter von diesem nicht einmal bewusst ausgeführt. Häufig gleicht es eher einem Verhalten, das er sich im Laufe seines Lebens angelernt hat, um das eigene Überleben seines Selbstwertes zu sichern.
Der Ausführende bestimmt, in welchen Momenten sich der Partner wie fühlt. Es hängt von seiner eigenen Gefühlslage und seinen eigenen Zielen ab, wie er sich verhält. Er selbst will sich nicht ausgeliefert fühlen (wie es ihm zum Beispiel in der Kindheit widerfahren ist). Deshalb zieht er es vor, die Fäden in der Hand zu behalten. Die Täter selbst haben einen geringen und äußerst labilen Selbstwert, der keine gegenteiligen Meinungen zulässt.
Für Gaslighting braucht es zwei Menschen: einen, der die psychische Manipulation vornimmt, und einen, der sich manipulieren lässt. Doch Schuldzuweisungen sind hier fehl am Platze. Denn die psychische Entwicklung ist ein lebenslanger Weg.
Fünf Warnsignale, dass dein Partner dich manipuliert
Wenn Gaslighting viele betrifft, die sich darüber oft nicht im Klaren sind, woran erkennst du also, dass dein Partner dich manipuliert?
1. Leugnen und Lügen
Je nachdem, was die Situation erfordert, lügen Gaslighter, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Sie werden dir mit Erfolg triggern, dass dieses oder jenes wahr ist. Selbst wenn sie zu anderer Stund das komplette Gegenteil behaupten, sofern es der Situation zuträglich ist. Auch Versprechungen, die sie einst getätigt haben, sind tags darauf nicht mehr wahr. Du kannst versuchen, sie noch so sehr überzeugen zu wollen, gar Beweise liefern. Gaslighter werden dich dahingehend diskreditieren und dir einreden, dass du völlig falsch liegst.
Die Betroffenen sind stets damit beschäftigt, das Verhalten des Gaslighters zu verstehen, um adäquat handeln zu können. Bei den Opfern entsteht das Gefühl der Verwirrung. Sie wissen nicht mehr, was sie dem anderen glauben können – und auch, was sie sich selbst glauben können. Sie zweifeln an dem Gehörten und an ihrer eigenen Wahrnehmung. Sätze wie: »Das hast du mal wieder völlig falsch verstanden« oder »Was du dir immer einbildest« oder »Du bist doch verrückt«, sind nur einige Beispiele dafür, wie der Gaslighter das Opfer triggert.
Bei mehrfachen Wiederholungen wird aus dem »Aber du hast doch gesagt« ein »Wer weiß, ob ich das richtig verstanden habe«. Das Opfer akzeptiert die jeweilige Wahrheit des Manipulators.
2. Alles Lügner!
Freunde, die dich darauf hinweisen, dass etwas an dem Verhalten des Gaslighters nicht stimmt, werden (sofern er davon Kenntnis besitzt) von ihm ebenfalls diskreditiert. Der Manipulator isoliert den Partner von konkurrierenden Meinungen, die seiner eigenen Überzeugung nicht zuträglich sind. Seine eigene Wahrheit wird er in immer gleichen Sätzen wiederholen, bis du sie selber glaubst.
Da das Opfer in psychischer Abhängigkeit zum Gaslighter steht – verwechselt es diese Form der Bindung doch mit Liebe -, wird es sich zunehmend von der Meinung der Freunde distanzieren. Eventuell auch abkapseln. Denn wer möchte schon gern als schwach oder Opfer dastehen. Fällt der Austausch mit den Freunden weg, hat der Gaslighter uneingeschränkten Zugriff auf die Gedanken des Partners. Eine Korrektur seitens der Freunde erfolgt nicht mehr.
3. Untergraben des Selbstwertes
Gaslighter untergraben deine Identität, alles was dich ausmacht. Deine Familie, Freunde, deine Hobbys, Fähigkeiten – alles wird schlecht gemacht, sobald es dem Gaslighter in die Karten spielt.
Die Betroffenen fühlen sich irgendwann wertlos. Hört man ständig Sätze wie: »Du kannst nichts« oder »Nicht einmal das schaffst du«, können sie zu deiner inneren Stimme werden.
4. Zuckerbrot und Peitsche
Ein Wechsel aus einerseits Liebesbekundungen, Fürsorge und Verständnis und andererseits Beleidigungen, Bloßstellungen ist das Spiel der Gaslighter. Das Verhalten des Gaslighters gleicht einem Irrgarten, aus dem es keinen Ausweg gibt. Das, was er sagt, und das, was er macht, stimmt nicht überein. Die Versicherung seiner Liebe, ungeachtet des Wehtuns durch ihn, zermürben das Opfer eines Gaslighters. (»Nicht einmal das kannst du«, wechselt mit »Du bist ein toller Mensch.«) Am Ende fragt man sich: Wer bin ich überhaupt? Kann ich mir selbst trauen? Warum bekomme ich es nicht hin? Die Antworten darauf liefert sicherlich bereitwillig der Gaslighter. Sie werden sehr positiv oder sehr negativ ausfallen, je nachdem, in welcher Stimmung er sich befindet und inwiefern es seinen Zielen dient. Wehtun und Beleidigungen wechseln mit Nähe und Geborgenheit.
5. Du bist schuld – an seinem Verhalten
Gaslighter entschuldigen sich nicht, da das Opfer nach ihrer Meinung das Verhalten herausgefordert hat. Wirft der Gaslighter dir im Streit die schlimmsten Beleidigungen an den Kopf (welche er im Nachhinein nicht mehr als unwahr darstellen kann), so wird er dir deutlich machen, dass du sein Verhalten provoziert hast. Auch kann es sein, dass er dir unangemessenes Verhalten vorwirft oder dir negative Eigenschaften andichtet. (»Es war peinlich, wie du dich verhalten hast.«, »Wie konntest du das nur tun?«)
Wehrst du dich, droht allzu rasch die Eskalation. Denn Gaslighter können sich durchaus darüber im Klaren sein, dass sie die Schuldigen sind. Unter keinen Umständen wollen sie dies allerdings zugeben. Ein riesiger Streit bricht vom Zaun, mit Beleidigungen, Ignorieren oder ähnlichem.
Das Opfer gerät ständig in die Defensive und ist damit beschäftigt, sich aufgrund der Angriffe zu verteidigen. Dies kann soweit gehen, dass der Gaslighter das Opfer der Manipulation beschuldigt. Und beim Opfer bleiben so weniger Kapazitäten, zu erwägen, was die tatsächliche Absicht des Gaslighters ist.
Der Gaslighter stellt sich als Unschuldigen hin. Du bist derjenige, der Böses tut. Möglicherweise wird er anbringen, dass seine Freunde das ebenso sehen und sie dein Verhalten verurteilen. Unter Umständen droht er sogar damit, dich vor anderen zu beschämen, oder macht es sogar. Ein kleiner Seitenhieb in großer Runde. Das Opfer ist völlig perplex und kann so schnell nicht darauf reagieren. Mit dem Ergebnis: Dass die Freunde einen Eindruck vermittelt bekommen, die Aussage des Gaslighters würde stimmen.
Chaos ist eine Leiter: des Manipulators Macht
Beim Opfer endet das alles in einem Wirrwarr aus nicht zuordbaren, sich widersprechenden Wahrnehmungen und Gedanken. Es traut seiner selbst nicht mehr, hält sich für eine schlechte Person, die nichts kann. Wie tröstlich erscheinen einem dann die aufbauenden Worte des Gaslighters, der vielleicht gerade mal wieder einen guten Tag hat. Seine falschen Hoffnungen (»Wir schaffen das schon.«) wirken dann wie ein tröstliches Heim. Dieses Positive wird vom Herzen des Opfers regelrecht aufgesaugt, nur um später wieder eingerissen zu werden und die emotionale Abhängigkeit nimmt ihren Lauf.
Was also kannst du tun, wenn dein Partner dich manipuliert? Im nächsten Artikel geben wir einige Hilfestellungen, wie du lernst, dir wieder selbst zu vertrauen.