Wenig ist relativ, so viel ist sicher – auch beim Sex. Doch angeblich sollen psychische und physische Konsequenzen drohen, wenn man dem Spaß im Bett zu selten frönt? Zu wenig Sex schadet der Gesundheit, jedenfalls verkünden Studien dies. Gehen wir dem Sachverhalt mal auf den Grund. Inwiefern ist Sex gesund?

»Ist Sex gesund?« versus Krankheitrisiko

Positive Effekte von sexueller Aktivität scheinen nicht überraschend zu sein. Schließlich ließe sich Sex mit moderater körperlicher Aktivität gleichsetzen, wie unter anderem The American Heart Association (2012) schlussfolgert – und Sport ist ja immer irgendwie gut. Die Ausschüttung des Kuschelhormons Oxytocin wird ebenfalls von Vorteil sein, genauso wie die von Serotonin und sonstigen Glückshormonen, deren Rezeptoren durch körperliche Nähe und Berührung aktiviert werden.

Welche gesundheitlichen Konsequenzen können nun im Speziellen drohen, wenn diese Nähe ausbleibt? Oder damit einhergehend zuversichtlicher gefragt: Welche positiven Zusammenhänge finden sich, um behaupten zu können, dass Sex gesund sei?

Sex und Herz-Kreislauf-System

gebasteltes Herz in Fensterladen eingeklemmt

Ist Sex gesund? Klar. Besonders für das Herz-Kreislauf-System. © Camdiluv ♥ under cc

Wir erinnern uns an klassische Szenen in Filmen, in denen von jungen, leidenschaftlichen Frauen überforderte Endfünfziger post-coital einen Herzinfarkt erleiden. Wie The American Heart Association in ihrer 2012 getätigten Veröffentlichung schlussfolgert, ist sexuelle Aktivität ein wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität und auch förderlich in Bezug auf das Herz-Kreislauf-System. Regelmäßiger Sex stabilisiert das Herz-Kreislauf-System, respektive normalisiert die Herzfrequenz sowie den Blutdruck. Sex scheint also tatsächlich gesund zu sein. Aber was ist, wenn man schon krank ist? Die Wahrscheinlichkeit, nach dem Sex einen Herzinfarkt zu erleiden, ist äußerst gering. Ferner sind für die meisten Patienten mit kardiovaskulärer Erkrankung – nach Abklärung durch den Arzt – moderate sexuelle Aktivitäten als nicht schadhaft anzusehen.

In der 2002 veröffentlichten 10 Jahre-Langzeitstudie – der Caerphilly-Studie -, deren Ergebnisse auf dem World Stroke Congress präsentiert wurden, zeigte sich, dass Männer, welche drei bis vier Orgasmen pro Woche haben, ein um die Hälfte reduziertes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall besitzen. Professor Shah Ebrahim von der Univeristy of Bristol resümiert: »Even mild to moderate levels of physical activity are likely to have some cardiovascular protective effect.«

Sex und Krebsrisiko

Auch scheint die Wahrscheinlichkeit für einzelne Krebsarten durch Sex zu sinken. So kann Sex das Risiko für Prostatakrebs vermindern. Diesbezüglich hat Masturbation sogar einen präventiven Nutzen. Die Häufigkeit der Orgasmen – ob durch Sex oder Masturbation – steht mit einem geringeren Prostatakrebsrisiko in Zusammenhang.

Ebenso könnte es hinsichtlich der (sexuellen) Stimulation der weiblichen Brust, der Ausschüttung von Oxytocin, der Reduzierung von Karzinogenen und folglich einem verminderten Brustkrebsrisiko einen potentiell präventiven Effekt geben, wie Professor Murrell von der University of Adelaide als biochemische These erarbeitet hat.

Darüber hinaus tut Sex für uns soviel mehr.

Sex und körperliche Schmerzen

Zudem scheint sexuelle Stimulation (etwa mittels Masturbation) durch die Ausschüttung von Endorphinen und Corticosteroiden einen schmerzstillenden Effekt zu haben, wie Whipple und Komisaruk bereits 1988 herausgefunden haben.

Sex positiv fürs Immunsystem

nackte Frau auf Bett Po Rücken

Auch Masturbation kann kompensatorisch wirken, wenn man keinen Partner zur Hand hat … © J. Lightning under cc

In einer 2004 veröffentlichten Studie von Charnetski und Brennan offenbarten die Ergebnisse einen weiteren positiven Effekt sexueller Aktivität. So besaßen Probanden mit hoher sexueller Aktivität (3-4 mal pro Woche) mehr Immunoglobin A im Speichel, verglichen mit wenig sexuell aktiven Probanden. Immunoglobin A ist ein Antikörper und als solcher für ein gut funktionierendes Immunsystem mitverantwortlich.

Sex und Lebenserwartung

Offenbar steht Sex mit einer höheren Lebenserwartung in Zusammenhang. Die Forschergruppe um de Baca (2017) fand heraus, dass bei Frauen, welche regelmäßigen Sex hatten, (auf Zellebene) die Telomere länger sind, was folglich für eine höhere Lebenserwartung sprechen kann.

Auch in der Caerphilly-Studie zeigte sich, dass Männer, welche zweimal pro Woche Sex haben, ein um die Hälfte vermindertes Sterberisiko hatten, verglichen mit Männern, welche nur einmal pro Monat Sex hatten.

Anhand der Studienauswahl scheint sich demnach tatsächlich zu bestätigen, dass Sex gesund ist. Im nächsten Artikel unserer Serie zu den körperlichen und seelischen Konsequenzen, welche in Verbindung mit zu viel oder zu wenig Sex auftreten können, recherchieren wir den Forschungshintergrund, inwiefern zu wenig Sex der Psyche schaden könnte.