Unterhält man sich mit einem Japaner, wird über kurz oder lang das Gespräch auf die Blutgruppe kommen. Auf die Frage, welche Blutgruppe man habe, dürften viele Europäer nur mit einem Schulterzucken antworten. Weiß man es dennoch und tut diese kund, antworten so einige Japaner mit einem: »Hab ich mir gedacht.« Was ist dran an der in Japan so favorisierten Theorie, die Blutgruppe eines Menschen würde etwas über den Charakter aussagen? Lässt sich wirklich bei Personen anhand ihrer Persönlichkeitszüge auf deren Blutgruppe schließen? Checkt man deutsche Onlinemedien zu diesem Thema, wird die japanische Theorie der Blutgruppendeutung eher belächelt. Doch hin und wieder werden Studien angeführt, die tatsächlich Unterschiede zwischen Personen mit verschiedenen Blutgruppen zu finden scheinen – zumindest was die gesundheitlichen Risiken betrifft. Wir sind für euch in die medizinischen und psychologischen Forschungsdatenbanken abgetaucht, um die Studienlage in Bezug auf Aussagen zur Blutgruppe über den Charakter zu hinterfragen.

Blutgruppenhäufigkeit in Deutschland: Wer hat welche?

Bevor wir prüfen, was (gegebenenfalls) die Blutgruppe über den Charakter aussagt, schauen wir uns die Verteilung der Blutgruppenhäufigkeit in Deutschland an. Schließlich sollte man wissen, mit welchem »Charaktertyp« man es rein theoretisch wie häufig zu tun bekäme.

Flaschen mit Blutgruppenetikett und  roter Limo

Sind unsere Charaktere so verschieden aufgrund unserer Blutgruppen? In Japan glaubt man das. © Kendall under cc

Doch zunächst: Was bedeutet eigentlich die Blutgruppe eines Menschen? Gemäß dem Deutschen Roten Kreuz steht die Blutgruppe eines Menschen für die »individuellen Merkmale auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen«. Karl Landsteiner entdeckte 1901 das Blutgruppensystem beziehungsweise AB0-System sowie 1941 das Rhesus-System.

Am häufigsten kommt in Deutschland laut dem Deutschen Roten Kreuz die Blutgruppe A vor mit ca. 43 %. Dicht gefolgt von der Blutgruppe 0 mit 41 %. Deutlich seltener kommen dagegen Blutgruppe B (11 %) sowie Blutgruppe AB (5 %) vor.

Was sagt die Blutgruppe über den Charakter aus?

In Japan (auch z.B. in China und Korea) gehen die Aussagen von der Blutgruppe über den Charakter auf eine langjährige Tradition zurück. So beleuchtete unter anderem der japanische Psychologe Professor Tokeji Furukawa 1930 den möglichen Zusammenhang zwischen Blutgruppe und Temperament. Aufgegriffen wurde diese Theorie darüber hinaus von dem amerikanischen Naturheilkundler Peter J. D’Adamo, der blutgruppenspezifische Stoffwechselbesonderheiten, Risikoerkrankungen und eine darauf abgestimmte Diät ausmachte. Auch der britische Psychologe Hans Eysenck, der zu den am meisten zitierten Forschern in der psychologisch-medizinischen Fachwelt gilt, griff mögliche Charakterunterschiede bei Menschen mit verschiedenen Blutgruppen auf.

Aber welche Eigenschaften sollen denn nun charakteristisch für welche Blutgruppe sein? Ein Kurzabriss aus D’Adamos »4 Blutgruppen: Richtig leben«.

Blutgruppe 0: Aggressiver, kluger Jäger

Stonehenge grüner Rasen bewölkter Himmel

Sind nicht nur frühere Bauten, sondern auch unsere Persönlichkeit Ausdruck eines Jahrtausende alten kulturellen Erbes? Was sagt unsere Blutgruppe über den Charakter aus? © Adriano Aurelio Araujo under cc

Basierend auf der Theorie der Blutgruppendeutung entsprechen Menschen (Männer wie Frauen) dieser Blutgruppe dem Bild eines aggressiven, klugen Jägers. Als älteste Blutgruppe der Menschheit soll Bluttyp 0 auf der Kultur der Jäger und Sammler fußen und noch entsprechende Verhaltensweisen in sich tragen. Typ 0 gilt als unabhängig mit starkem Ego. Zielgerichtet, pragmatisch, faktenorientiert und ehrlich, aber auch ein bisschen stur.

Blutgruppe A: Strukturierter, zurückhaltender Beobachter

In Anlehnung an D’Adamo gehen die Vorfahren der Blutgruppe A auf die ersten Menschen zurück, die sich zu strukturierten, größeren Gemeinschaften zusammenschlossen. Typ A zeichnet den Übergang vom Jäger und Sammler hin zur häuslichen, argraischen Lebensweise (Domestizierung, Getreideanbau etc.). Demzufolge soll Typ A einen organisierten, harmonischen Alltag bevorzugen. Menschen mit dieser Blutgruppe gelten als empfindsam, vorsichtig, zurückhaltend. Sie sollen gute Beobachter sein, verantwortungsbewusst, hin und wieder jedoch eigensinnig und perfektionistisch.

Blutgruppe B: Kreative Frohnatur

B-Typen gelten als kreativ und ausdrucksstark, aber auch als anpassungsfähig. Träger dieser Blutgruppe scheinen nach D’Adamo bemüht zu sein, die innere Balance zu finden. Sie sollen empfänglich für Yoga und andere Entspannungs- sowie Visualisierungstechniken sein. Sie gelten als sensibel, geistig beweglich, individualistisch und intuitiv. Typ B neigt offenbar zur Unkonventionalität und empfindet Unbehagen beim Befolgen starrer Regeln und linearem Denken.

Blutgruppe AB: Das Chamäleon

Die Blutgruppe AB gilt als jüngste Blutgruppe in der Menschheit, welche erst seit etwa 1000 Jahren existiert. Typ AB wird als wandelbar angesehen. Laut D’Adamo können sich Träger der Blutgruppe AB an die Charaktereigenschaften jeder anderen Blutgruppe anpassen. Menschen mit dieser Blutgruppe gelten als spirituell und intuitiv. Sie sollen die Fähigkeit besitzen, über starre gesellschaftliche Konventionen hinwegsehen zu können. Bei Typ AB scheint sich ein starkes Streben nach Unabhängigkeit mit dem Wunsch nach Geselligkeit zu vereinen. Menschen mit der Blutgruppe AB besitzen nach D’Adamo viele Eigenschaften, die in der modernen, hochtechnisierten Umwelt sehr geschätzt werden.

Im nächsten Teil unserer Serie zu den Aussagen der Blutgruppe über den Charakter stellen wir Studien vor, welche die japanische Blutgruppendeutung hypothetisch hinterfragen.