Es gibt Persönlichkeitseigenschaften, die das Leben leichter machen. Eine wichtige davon ist die Vertrauensbereitschaft – schließlich legt man ganz automatisch jeden Tag Verantwortung in die Hände Anderer: Beim Zusammenarbeiten im Job oder auch nur bei der Busfahrt in die Stadt, wenn man selbstverständlich daran glaubt, dass einen dieser Busfahrer sicher von A nach B bringt. Es liegt demnach nahe, dass zu wenig Vertrauen das eigene Leben erschweren kann, denn es hat eine enorme Bedeutung.
Vertrauen ist nicht gleich Vertrauen
Beim Thema Vertrauen denken die meisten sicher erst an das Vertrauen in andere Menschen, das interpersonale Vertrauen. Doch das Thema ist breiter aufgestellt als man denkt: In den Begriff beziehen einige Forscher auch Zukunfts- und Selbstvertrauen mit ein. Generell ist Vertrauen ein Konzept der Situationswahrnehmung. In anderen Worten: Wie viel Vertrauen man grundlegend hat, bestimmt die Sicht, mit der man die Welt wahrnimmt und gleicht einer Erwartungshaltung.
Das Zukunftsvertrauen meint die positive Sicht auf die eigene Zukunft, aber auch die der Familie, Freunde und eigenen Gesellschaftsgruppe. Wer Zukunftsvertrauen besitzt, wird nicht so schnell hoffnungslos und vertraut stattdessen auf eine glückliche berufliche und private Zukunft. Er weiß, wer er ist und verfügt über ideologische Perspektiven, die der Entwicklungsforscher Erik Erikson in seinem Stufenmodell der Entwicklung nennt, auch dieser Aspekt zählt zum Vertrauen in die Zukunft.
Selbstvertrauen dagegen ist das Glauben an die eigenen Fähigkeiten bzw. an sich Selbst. Laut einer Theorie kann nur aus Selbstvertrauen interpersonales Vertrauen erwachsen.
Zuletzt gleicht das Vertrauen in andere Personen, auch interpersonales Vertrauen genannt, der Erwartung, dass man sich auf andere Menschen und ihre Versprechen verlassen kann.
Die verschiedenen Facetten des Vertrauens beeinflussen sich gegenseitig; trotzdem kann es sein, dass eine Person ihrer beruflichen Zukunft positiv entgegenblickt, aber ihren Mitmenschen nur mit Misstrauen begegnet. Es sind unsere Lernerfahrungen aus der Vergangenheit, die bestimmen, wie wir die Zukunft wahrnehmen.
Über das Vertrauen zwischen Personen
Am Beispiel des Mangels an interpersonalem Vertrauen, der Bereitschaft, anderen Menschen Glauben zu schenken, lässt sich eindrucksvoll verdeutlichen, wann gelernt wurde, dass man nicht vertrauen kann. Bei diesem Thema hat die Umwelt einer Person einen fast absoluten Einfluss. So hat die Forschung gezeigt, dass die Erfahrungen in der Zeit zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat erheblich zur Vertrauensentwicklung beitragen. Ein Kleinkind, auf dessen Bedürfnisse hier nicht angemessen eingegangen wurde und das keine kompetente Bezugsperson hatte, trägt als Erwachsener Vertrauensdefizite davon, die möglicherweise erst spät auffallen.
Interpersonales Vertrauen ist auch ein Vorschuss: Man kann oft nicht wissen, ob eine Person ihre Versprechen einhält. Aber ein Mensch, der vertraut, braucht diese Beweise nicht. Damit hat gerade Vertrauen zu Personen eine vereinfachende Wirkung auf die Wahrnehmung eines Menschen, schreibt der Soziologe Niklas Luhmann. Laut einer Studie kommen misstrauische Personen tatsächlich öfter zu realistischen Einschätzungen von sozialen Situationen, da ihre soziale Wahrnehmung sensibler und genauer ist. Menschen, die ein grundlegendes Vertrauen besitzen, brauchen diese detaillierte Wahrnehmung nicht, sie müssen nicht nach möglichen Widersprüchen suchen. Somit können vertrauensbereite Menschen den Alltag oft entspannter erleben.
Romantische Beziehungen sind eine typische Form einer Verbindung, in der interpersonales Vertrauen eine wichtige Rolle spielt. Forschung zu Partnerschaften geht davon aus, dass Vertrauen sich in Stufen entwickelt, beginnend bei der Vorhersagbarkeit des Verhaltens der anderen Person. Wenn diese gegeben ist, entwickelt sich die Verlässlichkeit: Man steht sich gegenseitig in Krisen bei und leistet emotionalen Beistand. Die letzte Stufe, die erreicht werden kann, ist die Treue. Sie bezeichnet, dass sich Beziehungspartner blind auf den anderen verlassen können und in Notfällen für den anderen einstehen, auch wenn sich dafür persönliche Verluste ergeben. Demnach entwickelt sich bei psychisch gesunden Personen Vertrauen zum Partner nach und nach aus den bisherigen Erfahrungen mit dieser Person. Bei Menschen mit großer Vertrauensproblematik dagegen kann die Entwicklung des Vertrauens in einer Partnerschaft möglicherweise nur langsamer oder eingeschränkt vonstattengehen.
Wenn Vertrauensprobleme pathologisch werden
Ein Modell zeigt auf, dass sich aus verschiedenen Vertrauensproblematiken unterschiedliche psychische Probleme entwickeln können. So entwickeln beim interpersonalen Vertrauen beeinträchtigte Personen oft soziale oder spezifische Phobien, was nahe liegt. Wenn jemand ein niedriges Selbstvertrauen oder ein negatives Selbstbild hat, steigt die Wahrscheinlichkeit für Zwangs- oder Angststörungen. Auf der anderen Seite entwickeln Personen, denen es an Zukunftsvertrauen mangelt, oft depressive Episoden aufgrund von Hoffnungslosigkeit.
Diese Zusammenhänge ergeben Sinn, wenn man bedenkt, dass Vertrauen gesellschaftliche und soziale Handlungsfähigkeit voraussagen kann. Das Bild, dass vertrauensbereite Menschen leichtgläubig und naiv sind, trifft nämlich nicht zu, das haben Studien ergeben. Naive Menschen vertrauen selbst Personen, bei denen andere Menschen das nicht tun würden, weil betreffende Personen offensichtlich nicht als vertrauenswürdig einzustufen sind. Vertrauensbereite Personen wissen da jedoch zu unterscheiden. Gesundes Vertrauen ist also ein kostbares Gut.