Das Internet bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, wenn es um Glücksspiele und Wetten geht, und holt damit das Spielcasino ins heimische Wohnzimmer. Dementsprechend gering sind heutzutage die Hürden, einen Wetteinsatz zu tätigen. Gerade bei Großveranstaltungen, wie Fußballspielen, gehören für Viele parallel laufende Sportwetten mittlerweile dazu. Selbst Zeitungen wie BILD oder Focus bieten auf ihren Webseiten Sportwetten an. Doch wie steht es um das Suchtpotenzial bei solchen Online-Wetten? Ab wann können Wetten süchtig machen, vor allem wenn sie auf so vielen Webseiten zugänglich sind?
Goldgräberstimmung auf dem Wettmarkt
Momentan, so scheint es, herrscht eine Art Goldgräberstimmung auf dem Wettmarkt. Sowohl auf Seiten der Einsatzwilligen, die sich durch ihre getätigten Wetten einen größeren Gewinn erhoffen, als auch auf Seiten der Betreiber. Immer mehr Anbieter, ansässig in verschiedenen Ländern, eröffnen Online-Wettportale. Doch die Rechtslage ist bisher weder bundesweit noch international eindeutig geklärt.
Spielsucht: Das Suchtpotenzial beim Wetten
Die Spielsucht ist im ICD-10, dem psychiatrischen Klassifikationssystem, unter der Ziffer F 63.0 Pathologisches Spielen codiert. Die Störungsbeschreibung lautet:
»Die Störung besteht in häufigem und wiederholtem episodenhaften Glücksspiel, das die Lebensführung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt.«
Davon abzugrenzen ist, gemäß ICD-10, die Beteiligung an Spielen und Wetten ohne Krankheitswert. Doch worin besteht eben jener Krankheitswert? Ab wann können Wetten süchtig machen?
Ab wann Wetten süchtig machen können
Wie so häufig in der Psychologie und wie auch bei anderen Süchten, ist der Übergang ein fließender. Laut der Störungsbeschreibung des ICD-10 gilt als Grenzziehung zwischen einer Sucht und bloßer Risikobereitschaft hauptsächlich die Bewältigung des Alltags über das Glücksspiel hinaus. Beherrscht die »Freude am Wetten« einen oder hat man seinen Alltag noch gut im Griff? In Abhängigkeit der individuellen Lebensumstände sowie der Höhe des Einkommens dürfte die Grenzziehung individuell verschieden sein.
Subjektives Leiden oder wenn das Umfeld in Mitleidenschaft gezogen wird, sollten immer als Aufhänger dafür gelten, sich in psychotherapeutische Behandlung oder zumindest in ein psychologisches Beratungsgespräch zu begeben.
Online-Wetten: Ein schnellerer Weg in die Sucht?
Tatsache ist, dass sich die Zahl der pathologischen Glücksspieler, die sich in stationäre Behandlung begaben, in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist. Vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2012 hat sich die Anzahl der Betroffenen in stationärer Behandlung verdreifacht. Eine Trendwende sei gemäß dem Deutschen Ärzteblatt nicht zu erwarten, eher noch ein weiterer Anstieg. Auch die Dunkelziffer derer ohne medizinische beziehungsweise psychotherapeutische Behandlung scheint deutlich höher zu sein, denn nur ein Bruchteil der Betroffenen soll in Behandlung sein.
Gemäß den Sekundärdaten der Deutschen Rentenversicherung und der Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamts sind Männer deutlich häufiger betroffen als Frauen (70-80%) und Komorbiditäten mit anderen (psychischen) Erkrankungen liegen bei etwa 90% der diagnostizierten Betroffenen vor. Auch berichten betroffene Frauen (im Vergleich zu betroffenen Männern) signifikant häufiger von traumatischen Erlebnissen in der Kindheit (sexueller Missbrauch etc.) und von Gewalterfahrungen im Erwachsenenalter.
Sieht man die Statistiken vor sich, liegt es nahe, dass Online-Wettportale einen schnelleren und leichteren Zugang zum Glücksspiel ermöglichen und den Weg in die Sucht durchaus ebnen können. Ein verantwortungsvoller Umgang damit, sowohl auf Seiten der Glücksspieler als auch auf Seiten der Anbieter, scheint dringend notwendig zu sein.
Von der Risikobereitschaft zur Sucht: Diagnostik
Der Sensationslust scheint eine zentrale Rolle in der Persönlichkeit eines klassischen Spielers zuzukommen. Sie beschreibt die Suche nach neuen Erlebnissen, Erfahrungen und Reizen, sowie die Bereitschaft, ein Risiko dafür in Kauf zu nehmen.
Wer sich nun fragt, ob er »nur« eine gewisse Risikobereitschaft in sich trägt und Freude am Wetten hat oder ob bereits eine Spielsucht bei ihm vorliegt: Gemäß dem DSM-IV, dem diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen, sind beim Vorliegen von mindestens fünf der folgenden zehn Merkmale die diagnostischen Kriterien für »pathologisches Spielen« erfüllt:
- gedankliche Einvernehmung durch das Glücksspiel: Planen der nächsten Wetten, Nachdenken über Geldbeschaffungswege, Erinnern an vergangene Spielerfahrungen
- Wahl immer höherer Spieleinsätze für rauschhaftes Gefühl beim Wetten
- wiederholte Versuche, das Spielen zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben, ohne Erfolg
- Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, mit dem Wetten/Glücksspiel aufzuhören
- Spielverhalten, um Problemen zu entfliehen beziehungsweise um negative Gefühle zu kompensieren
- nach Geldverlust Fortführen des Spielens, um diesen auszugleichen
- Lügen und Vertuschungsversuche in Bezug auf das Glücksspiel und das Ausmaß der Lebenseinschränkung durch dieses
- Begehung krimineller Delikte zur Finanzierung des Spielens
- beruflicher Misserfolg durch das Spielen
- sich darauf verlassen, dass Andere Geld bereitstellen, um die durch das Spielen verursachte, hoffnungslose finanzielle Lebenssituation auszugleichen
Bei Vorliegen von zwei bis vier zutreffenden Kriterien liegt ein problematisches Spielverhalten vor, bei ein bis zwei zutreffenden Kriterien kann von »riskantem Spielen« gesprochen werden.
Doch unabhängig davon, wie viele der genannten Kriterien bei einem selbst vorliegen: Die Medien unserer Zeit bieten einem schier unglaubliche Möglichkeiten und einen leichten Zugang zu Online-Glücksspielen, aber darin liegen eben auch viele Gefahren. Wetten können süchtig machen und man tut gut daran, sich selbst gegenüber verantwortungsbewusst zu handeln und ehrlich zu sein.